Die igr plant im Land Belize eine Retortenstadt.

Belize(früher Britisch-Honduras) liegt zwischen Mexiko und Guatemala, direkt am Karibischen Meer. Das Land hat ca. 250 000 Einwohner, von denen in Belize-City rund 80 000 leben. Die Hauptstadt Belmopan hat lediglich ca. 6 000 Einwohner. In der Vergangenheit wurde Belize des öfteren von schweren Hurrikans heimgesucht. Viele Menschen mussten dabei ihr Leben lassen, so auch 1998, als der Hurrikan "Mitch" große Teile von Belize-City verwüstete. Die Regierung beschloss daraufhin am Western Highway eine neue Stadt zu errichten. Auf einer Fläche von 31 km² sollen in einer ersten Phase ca. 10 000 Einwohnern umgesiedelt werden. Im Endausbau sollen 50 000 Menschen neuen Wohnraum finden. Das relativ flache Gelände besteht teilweise aus savannenähnlichen Flächen und teilweise aus dichtem Urwald, in dem noch Jaguare in freier Wildbahn leben.

Die Planung

Standards für die Planungen gab es nicht, so dass mit einem von der belizianischen Regierung eingesetzten "Commity" Grundlagen definiert werden mussten. Aus einer Mischung von deutschen, amerikanischen, kanadischen und englischen Vorschriften, sowie Standards aus Jamaika wurde die Planung begonnen. Aus dem Stadtbau und der Straßenplanung ergaben sich die Trassen von Ver- und Entsorgungsleitungen, sowie Teile der Oberflächenentwässerung. Die Erschließung der neuen Stadt erfolgt über drei Straßentypen, Main Roads, Feeder Roads und Minor Roads. Die untergeordneten Minor Roads (Breite ca. 6 m) sollen durch ihre Muldenform das Oberflächenwasser direkt über die Straßenoberflächen den nahe gelegenen Gräben zuleiten. Die beiden anderen Straßentypen haben meistens links und rechts Mulden zur Ableitung des Oberflächenwassers. Der Straßenaufbau beträgt ca. 40 - 50 cm und entspricht den Vorschriften für den Bau von Straßen in tropischen Ländern.

Zur Trinkwasserversorgung der neuen Stadt wurden drei Brunnenstandorte festgelegt, von denen die notwendige Ergiebigkeit erwartet wird. Die erste Bohrung ist erfolgreich abgeschlossen; der Brunnen ist bis in ca. 60 m Tiefe ausgebaut. Für die Wasseraufbereitung gilt der Standard der WHO. Ein Erd- und ein Turmbehälter sind für die Wasserspeicherung vorgesehen. Das Wasserverteilungsnetz wurde hydraulisch für den Brandfall bemessen.

Der zukünftige Betreiber der Abwasseranlage forderte zur Schmutzwasserableitung ein Freispiegelsystem und eine Kläranlage als belüftetes Teichsystem. Bedingt durch den nicht standfesten Untergrund und die Schichtenwasserproblematik können die Kanäle nicht tiefer als maximal 3,00 m verlegt werden. Im Entsorgungsgebiet sind 16 Pumpstationen notwendig.

Die Oberflächenentwässerung war das Kernstück der Planung. Bekannt war zu Planungsbeginn, dass im Hurrikan-Fall sehr große Regenmengen anfallen. Es gab keine Aufzeichnungen für das zu bebauende Gebiet aus denen weitere Grundlagen für Berechnungen hätten abgeleitet werden können. Erst mit Hilfe der Aufzeichnungen der Wetterstation auf dem Flugplatz Belize-City war es möglich, Berechnungsgrundlagen zu schaffen. Die Auswertung überraschte sehr, als festgestellt wurde, dass im Hurrikan-Fall innerhalb von 4 Stunden ca. 6 mal soviel Regen fällt wie im Jahresdurchschnitt in Deutschland. Bei dieser Wassermenge und den vorhandenen Einzugsgebieten ergaben sich Abflussgräben "Ditches", die teilweise für bis zu 14 000 l/s zu bemessen waren. Eine echte Herausforderung!

Mit der Planung der Gesamtmaßnahme wurde im November 1999 begonnen. Im Januar 2000 wurde dem "Commity" in Belize die Vorplanung und im März 2000 die Entwurfsplanung vorgelegt. Die gesamte Planung musste in einer sehr kurzen Zeit erstellt werden. Dies war nur möglich durch den Einsatz modernster EDV und die hervorragende Zusammenarbeit aller Planungsteams. Die Baustelle ist mit den gleichen EDV-Komponenten ausgestattet, wie sie für die Planung von der igr AG verwendet wurde. Als Software ist hauptsächlich AutoCAD 2000 sowie für den Straßenbau Stratis von RIB im Einsatz. Die Datenübertragung erfolgt somit 1:1 per E-Mail. Die Zeitverschiebung von ca. 7 Stunden kam dabei der Planung zugute. Bedenkt man die sehr kurze Planungszeit, die nicht alltäglichen Vorschriften sowie die Abwicklung der gesamten Planung in englischer Sprache, so war diese Arbeit eine Meisterleistung, die von unseren Planungsteams hervorragend gelöst wurde.

Insgesamt wurden bearbeitet:

  • Straßen:
    ca. 50 km
  • Wasserversorgung:
    3 Brunnen
    1 Aufbereitungsanlage
    1 Erdbehälter
    V = 1 000 m³
    1 Turmbehälter V = 300 m³
    ca. 100 km Wasserverteilungsnetz
  • Abwasserentsorgung:
    1 Hauptpumpstation
    16 Unterpumpstationen
    ca. 100 km Abwasserleitungen
    1 Kläranlage
  • Oberflächenentwässerung:
    ca. 60 km Entwässerungsgräben

Mit den Bauarbeiten wurde im Mai 2000 begonnen. Zwischenzeitlich ist ein Großteil der Entwässerungsgräben gebaut. Nachdem im Oktober die Regenzeit zu Ende ist, wird mit dem Herstellen des Planums der Straßen begonnen. Parallel werden alle Ver- und Entsorgungsleitungen verlegt. Der Bauablauf ist so koordiniert, dass alle Arbeiten bis Ende 2001 abgeschlossen sein werden.