Landespflege beim Ausbau des Flugplatzes Ramstein

Es ist das größte Infrastrukturprojekt in Rheinland-Pfalz der vergangenen Jahre: Der Ausbau des NATO-Flugplatzes Ramstein. Ein aus landespflegerischer Sicht hoch sensibles Unterfangen, liegt doch die Airbase inmitten eines empfindlichen Naturschutzgebietes und europarechtlich geschützten Flora-Fauna-Habitat Gebietes (FFH-Gebietes), der „Westricher Moorniederung“. Das bedeutete jede Menge Arbeit für die Umweltwissenschaftler, Geografen und Raum- und Umweltplaner der igr AG.

Für 7700 Hektar Untersuchungsgebiet nahmen sie den Bestand des Naturraumes auf. Mit Detailschärfe analysierten die igr-Planer, auf welchen Flächen es zu Eingriffen in Natur und Landschaft kam. Dabei werden drei unterschiedliche Kategorien unterschieden: zum einen der baubedingte Eingriff. Das ist dann der Fall, wenn die Fläche lediglich von den Bauarbeiten in Mitleidenschaft gezogen wird, etwa wenn eine Baustellenstraße gebaut wird, die später wieder verschwindet. Zum zweiten gibt es den anlagenbedingten Eingriff. Das bedeutet, dass die Fläche von der Anlage selbst beansprucht wird.

Außerdem gibt es noch den betriebsbedingten Eingriff, also die Auswirkungen, die sich aufgrund des späteren Betriebs ergeben. So mussten etwa Wälder gerodet werden, um Platz für die Einflugschneise zu schaffen. Die beiden letzteren Kategorien bildeten die Schwerpunkte beim Flugplatzausbau.

380 Hektar waren vom Ausbau des Flugplatzes unmittelbar betroffen, ermittelten die igr-Fachleute. Für sie mussten Kompensationsmaßnahmen festgelegt werden. Das Knifflige dabei: Bei der Entscheidung, ob eine Maßnahme einen Eingriff kompensiert oder nicht, kommen gleich vier Rechtsregime zur Geltung: die Deutsche Eingriffsregelung, die europäische FFH-Richtline (die „Westricher Moorniederung war zu Beginn des Ausbaus als FFH-Gebiet gemeldet und ist inzwischen anerkannt), das Forstrecht (Bundes- und Landeswaldgesetz) und das Wasserrecht (Bundes-Wasserhaushalts- und Landeswassergesetz). Ein Eingriff ist nur dann ausgeglichen, wenn nach allen vier Regimes die Kompensationsmaßnahmen angemessen sind. Aus diesem Grund gibt es für „nur“ 380 Hektar Einriff 700 Hektar Kompensationsfläche. Vieles davon liegt weit außerhalb des Fugplatzes, etwa in der Nordpfalz und im Hunsrück. Außerdem mussten die igr-Planer 1500 Hektar weitere Flächen erfassen, bewerten und als Alternativstandorte für Kompensationsmaßnahmen ausweisen für den Fall, dass geplante Maßnahmen nicht realisiert werden konnten.

Das Vorhaben zieht sich über eine Vielzahl von Arbeits- und Verfahrensschritten. Ausgangspunkt waren Geländeerfassungen in den Jahren 1999/2000. Darauf aufbauend und auf der Grundlage der technischen Planung des Flugplatzausbaus mussten mögliche Kompensationsflächen gesucht werden. Also hieß es, die Geländeerfassungen auszuwerten, bestehende Planungen zu recherchieren, die zuständigen Bundes-, Landes-, Kreis- und Gemeindestellen zu kontaktieren, und auch das Gespräch mit Naturschutzverbänden, sonstigen Fachleuten, Flächeneigentümern und Ortskundigen zu suchen. So gab es viele Tipps von verschiedenen Stellen, welche Flächen sich als Kompensation eignen.

Schließlich sind die Ausgleichsanforderungen und -möglichkeiten vielfältig: So wurden von 2002 bis 2007 Gewässer wie Glan, Mohr- und Schwarzbach renaturiert, sonstige Feuchtbiotope geschaffen, Trockenbiotope erhalten oder entwickelt, es gab Waldumbau, Neuaufforstungen, und es wurden verschiedene Tier- und Pflanzengruppen umgesiedelt. Dabei wurden allein circa 10.000 Amphibien und Reptilien von ihren alten Biotopen auf dem Flugplatz in neu entwickelte Habitate außerhalb der Eingriffsfläche umgesetzt. Darüber hinaus gab es Artenschutzmaßnahmen/Umsiedlungen für Torfmoose, Vögel und Fledermäuse, Ameisen, Fische, Libellen, Heuschrecken und Schmetterlinge.

Im Sommer 2007 wurde der Flugplatzausbau (also der landespflegerische Eingriff) abgeschlossen. Gleichzeitig ist der größte Teil der Kompensationsmaßnahmen ebenfalls umgesetzt. Die letzten Aufforstungen werden voraussichtlich im Herbst 2007 realisiert. Für die igr-Planer ist das Großprojekt auch dann noch nicht beendet, da die Pflege und Entwicklung der Kompensationsmaßnahmen auch in den nächsten Jahren gewährleistet werden muss, so dass sich die gewünschten ökologischen Funktionen auf den Flächen vollständig entfalten.

Zu den landespflegerischen Leistungen der igr AG, die mit bis zu 8 Mitarbeitern an diesem Projekt arbeitete, zählten eine Umweltverträglichkeitsstudie, UVP-Schutzgutbetrachtungen, eine FFH-Verträglichkeitsprüfung, Gutachten zum Vogelschutz, die Erstellung verschiedener Landschaftspflegerischer Begleitpläne, Waldumbauanträge, Befreiungsanträge für pauschal geschützte Biotope, die ökologische Bauleitung der Artenschutzmaßnahmen, die Bauüberwachung bei der Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen sowie die Erstellung von Pflege- und Entwicklungsplänen. Ein Eilverfahren gegen den Flugplatzausbau wurde dank der fachlich einwandfreien Planung und Verfahrensbegleitung der igr AG abgelehnt.